Beziehungen

Beziehungen funktionieren heute oft anders als früher. Wir träumen davon einen perfek - ten Partner zu finden, mit dem wir unser ganzes Leben teilen wollen und streben nach einer Zweisamkeit in Glück und Harmonie.

Von der ‘‘Kontinuitätsbiografie“ zum ‘‘seriellen

Beziehungsmuster“

Unsere Anforderungen sind gestiegen und damit auch die Bereitschaft, die Beziehung zu beenden, wenn es nicht mehr so gut läuft wie gewünscht. Aber in unseren Köpfen ist noch das Bild der historischen Beziehungsbiografie. Wir träumen von dem Menschen, mit dem wir unser Leben teilen und von der Liebe fürs Leben. Tatsächlich hat sich das Verhalten in Partnerschaften geändert. Die ‘‘Kontinuitätsbiografie“ hat sich zum ‘‘seriellen Beziehungsmuster“ gewandelt. Die Zahlen einer Studie der Universität Hamburg haben be - wiesen, dass heute die 30-Jährigen deutlich mehr Beziehungen und entsprechend auch mehr Trennungen – als 60-Jährige haben, obwohl die doppelt so alt sind.

Beziehungen sind anders geworden

Die Trennungen bei Paaren, die schon 25 Jahre und mehr zusammenleben, nehmen dras - tisch zu. Es wird für die meisten Menschen immer schwieriger, eine langfristige Beziehung aufrechtzuerhalten. Heute sind Trends wie Single-Gesellschaften, Patchwork-Familien und Lebensabschnittsgefährten Alltag. Wenn sich die Personen in einer partnerfreien Phase be - finden, spricht man von ‘‘Searches“ (zu Deutsch: Suchenden) und nicht mehr von ‘‘Singles“. Denn das Singledasein erfahren gerade Jüngere als Zeit des Wartens auf die nächste Beziehung und nicht mehr als Lebensstil. Die Frage ist was sich verändert hat? Sind wir beziehungsunfähiger als frühere Generationen geworden oder beziehungsmüde? Werfen wir ‘‘zu schnell das Handtuch“ ? Die jetzigen hohen Beziehungsmobilitäten haben nichts mit dem Verlust der Beziehungsunfähigkeit und zu starker Individualisierung zu tun. Die Beziehungen sind ein - fach anders geworden.

Gegenseitige Abhängigkeit durch traditionelle

Rollenteilung

Um eine dauerhafte Beziehung führen zu können, brauchte man in den traditionellen Ehen weniger Bindungsfähigkeiten, dies galt damals als eine mächtige Institution der Ehe und galt ohnehin als unauflösbar. Eine Scheidung in der sozialen Gemeinschaft war geradezu undenkbar, da ihre symbolisch-religiöse Kraft den Zusammenhalt garantierte. Zudem konnte man die Beziehung nicht auflösen, da der Mann und die Frau aufeinander angewie - sen waren und eine ökonomische Einheit gebildet haben. Auch die traditionelle Rollenteilung bedeutete für ein Paar Abhängigkeit - der eine hatte keine berufliche Ausbildung und wusste nicht, wie man das Geld verdient, dafür wusste der andere nicht, wie man kocht und den Haushalt mit den Kindern managt. Diese äußeren Anker sind weg - gefallen. Es gab die Emanzipation, die sexuelle Revolution, das Aufbrechen der traditionel - len Rollenverteilung und damit auch einen starken sozialen Wandel. In der Beziehung geht es heute in erster Linie um die beiden Partner selbst. Um eine Beziehung aufrecht-erhalten zu können, benötigen die Menschen heute, sehr viel mehr Beziehungsfähigkeit und -arbeit als früher. Innerhalb der Partnerschaft führt das na - türlich zu deutlichen Veränderungen.

Der Erhalt einer Partnerschaft bedeutet ständige

Anstrengung

Die traditionelle kontinuierliche Beziehungsbiografie wird immer seltener: Früher hatten die Menschen eine Hauptbiographie mit einem Partner: Kinder kriegen, früh heiraten und bis ans Ende zusammen bleiben. Heute haben wir eine starke Tendenz zu den sogenann - ten Kettenbiografien. Die Menschen haben in Ihrem Leben drei und mehr relevante Beziehungen. Heute haben wir uns für eine höhere Qualität in den Beziehungen entschie - den. Sie beruhen nicht auf Materiellem, vielmehr auf Intimität und Emotionen. Man will sich auf den Partner verlassen können, von Ihm verstanden werden, Ihm vertrauen, Geborgenheit, Nähe und auch Sexualität erleben. Die Beziehungsqualität muss heute regelrecht mit der Beziehungsdauer konkurrieren. Sollte die Qualität nicht mehr stimmen, so hat auch die Dauer einer Beziehung ihren Wert verloren.